Wir, das sind mein japanischer Ehemann (Daisuke) und ich (Daniela).
Seit 2009 leben wir zwei in Berlin.
Und die Frage kann ich ziemlich schnell beantworten: Gar nicht!
Daisuke tut mir da jedes Jahr ein bisschen Leid. Er bekommt da ein völlig falschen Bild von Weihnachten in Deutschland. Aber er findet es nicht schlimm.
Bei uns gibt es weder Weihnachtsbaum noch Lichterketten, selbstgebackene Plätzchen, Weihnachtsessen oder Weihnachtsmusik.
Null Deko – und wir vermissen nichts.
Natürllich hat er auch schon mal Weihnachten mit meiner Familie gefeiert. Es gab Weihnachtsessen, Geschenke unter dem Weihnachtsbaum, Bescherung, gemeinsames Spielen und abends Fernsehen gucken.
Und in der Kirche waren wir auch schon zusammen.
Aber ganz ehrlich, ich kann einfach keinen Zugang zu diesem Fest finden.
Keine Ahnung, was da bei mir schief gelaufen ist!
In Japan – ganz ohne Weihnachten – hab ich mich deshalb immer sehr wohl gefühlt! Das ist so ganz nach meinem Geschmack: Einfach ein ganz normaler Tag und Abends gutes Essen.
Das mit der Kirche war für Daisuke aber schon spannend. Davon möchte ich dir gerne erzählen:
Ich bin religionslos, mit katholischer Prägung.
Ich komme aus einem kleinen katholischen Ort, war dort sogar lange im Kirchenchor und bin gerne Sonntags morgens (oft alleine) in den Kindergottesdienst gegangen.
Katholisch erzogen bin ich nicht, weil mein Vater kein großer Kirchgänger war und meine griechische Mutter der griechisch-orthodoxen Kirche angehört, die gab es nicht in unserer Stadt.
Trotzdem bin ich mit der Kirche aufgewachsen: Taufe, Kommunion und Firmung. Irgendwann ist die Religion aber bei mir auf der Strecke geblieben.
Heute gehe ich nur noch sehr selten in die Kirche.
Daisuke ist Buddhist.
Aber nicht religiös.
Ihn einfach mal mit in die Kirche nehmen – kein Problem, dachte ich. Das Gotteshaus steht ja allen Menschen offen, heißt es so schön. Warum also nicht.
Aber darf ich einen Ungetauften Buddhisten einfach so mit in den Gottesdienst nehmen? Der kennt ja den ganzen Ablauf gar nicht.
Ich schleppte Daisuke also trotz meiner Bedenke mit in einen Gottesdienst. Und weil es etwas besonderes sein sollte, in den Weihnachtsgottesdienst – die richtig schön lange Mitternachtsmette.
Habe ihn da voll „ins kalte Wasser geschmissen“ und ihm nichts dazu erklärt. Ich könnte den Ablauf so aus dem Kopf auch gar nicht richtig beschreiben. Dabei hab ich die Gebet im Schlaf drauf:
Gib mir ein Stichwort…
„Gehet hin in Frieden!“ … „Dank sei Gott dem Herrn!“
„Der Herr sei mit euch“ … „Und mit deinem Geiste.“
Gottesdienst mit einem Japaner
Auf ihn wirkte das alles mehr als eigenartig: Alle wussten, was sie zu Antworten hatten, wann sie aufstehen, sich hinknien, sich setzen, wieder aufstehen, sich wieder hinknien, im Chor sprechen und singen mussten. Und das ging manchmal irre schnell.
Gerade das lange Knien auf der kalten Holzbank war hart und er bewunderte die alte Frau neben ihm, die das so lange durchhielt, während ihm schon nach ein paar Minuten die Knie schmerzten.
„Wann hast du das denn alles auswendig gelernt? Du warst doch ewig nicht mehr in der Kirche!“
Gute Frage. Es gibt Dinge, die ändern sich einfach nie. Die hat man einfach drin. Da war ich selbst ein wenig überrascht.
Viele Lieder kannten „wir Kirchgänger“ sogar auswendig. Und während Daisuke noch wild im Gotteslob nach der richtigen Nummer suchte, war die Gemeinde mit dem Singen schon fast durch.
Zum Empfang der heiligen Kommunion wurde es heikel.
Da blieb er als einziger in der Reihe sitzen und fühlte sich ein wenig ausgeschlossen. Zumal er auch das Gefühl hatte, von allen angestarrt zu werden.
Damit hatte er nicht ganz unrecht. Es gibt nicht viele Japaner in Wiedenbrück und wenn mal einer in der Kirche sitzt, dann ist das eine tolle Gelegenheit, ihn ausgiebig zu mustern, während man in der Schlange zur Kommunion ansteht.
„Und? Wie war’s?“
„Ganz schön kalt! Ganz schön lang! Und viel verstanden hab ich auch nicht! Ganz ehrlich: Ich bin zwischendurch ein wenig eingenickt. Aber ich glaube, die ältere Frau neben mir auch!“
Unser Weihnachtsfest
Dieses Jahr ist der 24. Dezember ein Sonntag. Und weil wir wirklich weder Geschenke austauschen, noch vor’m nicht vorhandenen Weihnachtsbaum Lieder singen oder zu meiner Familie in die Heimat gefahren sind, ist 2017 für uns ein Wochenende mit drei Sonntagen hintereinander.
Hört sich für Außenstehende irgendwie traurig an – ganz ohne Weihnachten. Aber uns fehlt es nicht.
Vielleicht im Nächsten Jahr wieder.
Dieses Jahr genießen wir einfach mal unser langes Wochenende. Und vielleicht spazieren wir später nochmal durch das leere Berlin oder schlendern über einen Weihnachtsmarkt.
Mal sehen, ob uns die Weihnachtsstimmung am Ende doch noch überkommt.
Dafür feiern wir aber Omisoka, das japanische Silvester und auch das japanische Neujahr.
Frohe Weihnachten und ein paar entspannte Festtage.
FAQ Überblick
Es gibt ein paar Fragen, die uns immer wieder gestellt werden:
- Warum seid ihr nach Deutschland gezogen?
- Wo lebt ihr lieber? In Deutschland oder in Japan?
- Was vermisst ihr an Japan am allermeisten?
- Wie oft reist ihr nach Japan?
- In welcher Sprache unterhaltet ihr euch?
- Streitet ihr euch und wenn ja, in welcher Sprache?
- Wie habt ihr euch kennengelernt?
- Wollt ihr noch mal auf eine große Reise gehen?
- Werdet ihr irgendwann nach Japan zurückgehen?
- Wo wollt ihr als nächstes leben?
- Warum habt ihr unterschiedliche Nachnamen?
- Gab es zu Anfang eurer Beziehung auch mal große Missverständnisse?
- Wieso bist du am Ende so lange in Fukushima geblieben?
- Warum habt ihr nicht in Tokyo gelebt?
- Als was hast du in Japan gearbeitet?
- Wie hast du deinen Job in Japan gefunden?
- Was haben eure Eltern zu der Beziehung gesagt?
- Wo und wie habt ihr geheiratet?
- Hat Daisuke in Deutschland schnell einen Job gefunden?
- Wie hat Daisuke Deutsch gelernt?
- Wie und wo hast du Japanisch gelernt?
- Was stört dich an Japan am meisten?
- Was stört Daisuke an Deutschland am meisten?
Hast du noch Fragen, die dich brennend interessieren? Jetzt ist die Gelegenheit, sie zu stellen! Ich sammle gerade fleißig!
Hallo Daniela,
gibt es wenigstens den typischen japanischen Weihnachtskuchen?
Oh mann, das ist schon echt beeindruckend. Das mit den Neujahrskarten wusste ich wohl, aber mit den Geschenken… Ich Schussel müsste mir wahrscheinlich immer so eine Jahresliste machen, damit ich nicht vergesse, wer nicht „nur“ eine Karte, sondern ein Geschenk bekommen sollte. 🙂
Hi Daniela, sehr interessant. Denn das in Japan kein Weihnachten, trotz der ganzen Weihnachtsbeleuchtung geifert wird, war mir komplett neu. Deswegen habe ich auch gleich mal deinen Beitrag von 2016 durchgelesen. :).
Euer Weihnachtstage klingen für mich aber sehr entspannend. Kein Streß und permanentes Rumge(fr)esse. 🙂
Lieber Ronny,
Ja da hab ich Glück gehabt. Aber wir sind 2009 weggezogen. Mittlerweile hat sie Weihnachtswelle sicher auch Fukushimabeereixht😉
Hey Hey,
klingt doch ziemlich entspannt wie ihr Weihnachten verbringt, auch mal was feines 🙂
Finde es verständlich das Daisuke in der Kirche ab und an mal gedöst ist, stelle mir das auch ziemlich langatmig vor (noch nie mitgemacht, bin ein Atheist durch und durch)
Eine Frage die ich eben ziemlich interessant finde…
Was ist so die Top10 (oder Top3) Liste von essen was Daisuke am liebsten mag (natürlich auf die Deutsche Küche bezogen) und was er gar nicht mag
Liebe Daniela
Ich mag Weihnachten sehr gerne, aber durch Arbeit, Studium, Haushalt etc. kommt bei mir leider auch selten wirklich Weihnachtsstimmung auf, obwohl ich finde, die Atmosphäre ist das Schönste an Weihnachten.
Ich finde aber auch, dass nicht jedem jedes Fest gleich gut gefallen muss. Nur weil bei uns Läden, Strassen etc geschmückt werden und die Marketingmaschine auf Hochtouren läuft, muss das nicht zwangsläufig allen gefallen.
Schlussendlich denke ich, dass Weihnachten dazu da ist, um sich Zeit für sich und seine Familie zu nehmen. Ob man wie ich und mein Partner (beides Scheidungskinder) einfach alle Elternteile besucht und eine schöne Zeit hat, oder wie du und Daisuke das verlängerte Wochenende geniesst, spielt eigentlich keine Rolle.
Hauptsache es passt zur Person und man geniesst die zusätzliche Zeit, die man hat auf die angenehmste Art und Weise.
In diesem Sinne wünsche ich dir ein frohes neues Jahr. 🙂
LG Sarah