Japanisches Neujahr – Das wichtigste Fest des Jahres

Kagami Mochi auf Tatami - Titelbild | Nipponinsider

[Update: Dezember 2023]

Ich kann nicht mehr!

Das japanische Neujahr – das wichtigste Fest des Jahres – es schafft mich.
Schon die „Vorbereitungen für’s japanische Neujahr“ haben es in sich.

Aber vielleicht fragst du dich jetzt: „Wie wird den nun gefeiert?“

Diese und weitere Fragen und Wissenswertes zum japanischen Neujahrsfest möchte ich dir hier gerne einmal beantworten:


Japanisches Neujahr – Wie wird denn nun gefeiert?

Im Netz gibt es wirklich schon sehr gute Beiträge, mit allerhand brauchbaren Infos. Ich kann dem nicht viel hinzufügen. Ehrlich nicht. Da steht alles drin, was man wissen muss! Soll ich das jetzt einfach kopieren oder umschreiben oder verlinken?

Ich weiß nicht mal, wen ich verlinken soll. Irgendwie sind sich alle sehr sehr ähnlich.

Und ich kann es gut verstehen, weil das japanische Neujahrsfest nicht wirklich viel Interessantes zu bieten hat, abgesehen vom leckeren Essen (aber das Geschmacks-Internet ist ja noch nicht erfunden).

„Aber es ist halt Tradition – japanische Kultur“

wirst du jetzt sicher schreien. Und ich gebe dir Recht.

Ich will ehrlich zu dir sein. Japanisches Neujahr ist in etwa so spannend, wie unser Weihnachtsfest. Vieles wird aus der Tradition heraus gemacht und es ist jedes Jahr das Gleiche:

  1. Das Essen
  2. Die Geschenke
  3. Das Fernsehprogramm
  4. Die Deko
  5. Die Aktivitäten
  6. Die ewige Frage: „Was soll ich bloß anziehen?“

Das Schöne an dem Fest ist, alle kommen zusammen und man weiß, was einen erwartet.

Ich habe am Neujahrstag mit meiner Familie in Japan telefoniert (also die Familie meines Mannes, in die ich eingeheiratet habe) und meine Schwiegermutter gefragt: „Magst du eigentlich Neujahr?“

お母さん(O-Kaa-San – Mutter) antwortet:

Es ist jedes Jahr anstrengend. Alleine die Vorbereitungen für O-Sechi dauern Stunden.

In etwa genauso lange, wie es dauern würde, die rund 30 kleinen Köstlichkeiten aus der 3-stöckigen Box, der Jubako, zu beschreiben.

Meiner Schwiegermutter fällt dann plötzlich ein, warum ihr Neujahr doch gefällt:

Alle kommen nach Hause (nur wir fehlen, sind weit weg in Deutschland) und sie genießt das Zusammensitzen bei Bier und Sake, Sashimi und Kani-Nabe, einem heißen Topf mit einer fetten Krabbe drin.

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Fotosession im Kimono

Und sie mag den 1. Januar, weil endlich alle mal wieder ihren Kimono tragen, sich zusammenstellen und für Fotos posieren. Das machen wir jedes Jahr!

Meine Schwiegermutter ist Kimono-Lehrerin und hat wirklich viele Kimonos.

Schon Wochen vorher setzen wir uns zusammen, gehen die Kimonos durch und sie überlegt, welchen ich denn im nächsten Jahr zum Neujahrsfest tragen kann.

Sie achtet da auf allerlei Dinge:

  • meine Hautfarbe (ja, mir stehen nämlich nicht alle Farben und Muster)
  • das Jahr und irgendwelche Merkmale des neuen Jahres (auch das muss zum Muster passen)
  • das Wetter (meistens liegt Schnee)
  • welchen Kimono ich bereits in den Vorjahren getragen haben. Nicht dass ich einen Kimono doppelt trage
Kimono Session Fotos | Nipponinsider

links: Furisode Kimono ©2005 | rechts: Kimono ©2006 by Daisuke


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Wenn wir alle Fotos im Kasten haben, geht es weiter zur
Aktivität Nummer 2:

Im Kimono zum Tempel 

初詣 – Hatsu-mode nennt man den ersten Besuch in einem Tempel (お寺 – O-Tera) oder Schrein (神社 – Jinja) im neuen Jahr. Hatsu-mode ist japanische Neujahrs-Tradition. Viele gehen schon um Mitternacht. Wir nicht. Wir schlafen und verschlafen auch den ersten Sonnenaufgang im neuen Jahr 初日 – Hatsu-hi.

An den ersten Traum im neuen Jahr kann ich mich auch nie erinnern. Den nennt man 初夢 – Hatsu-yume.

Also zusammengefasst gibt es viele „Hatsu“, was nichts anderes bedeutet als „zum ersten Mal“.

Ich muss gestehen, ich war auch noch nie zum neuen Jahr in einem Schrein, um Omikuji und Hamaya zu kaufen (das sind Weissagungen für das kommende Jahr).

Auch beim Klatschen und Verbeugen und Geld in den Kasten schmeißen folgen wir nicht unbedingt den Regeln. Meine Schwiegermutter flüstert mir kurz vorher immer zu: „Guck dir genau an, was die vor dir machen und dann mach es einfach nach. So machen wir das alle!“)

Unser erster Tempelbesuch ist immer in  „unserem Tempel“, wo wir das Grab (お墓 – O-Haka) der Großeltern besuchen.

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Sind die Räucherstäbchen am Grab abgelegt und die verwelkten durch frische Blumen ersetzt, geht es für uns weiter
zur Aktivität Nummer 3:

お年玉 – O-Toshidama – kleine Geschenke für die Kinder

Wir besuchen als Nächstes die Verwandtschaft. Die Kinder erhalten kleine Umschläge mit Geld gefüllt. Alle anderen bekommen Sake und es wird lecker gegessen.

Hier muss ich passen. Denn ich trage immer noch den Kimono. Und der ist ziemlich eng geschnürt. Da geht nichts mehr rein.

Mein persönliches Highlight kommt, wenn wir wieder zuhause sind.

Erlebnis Kimono

Ich liebe Kimonos. Ich bin gleich 10cm größer, weil ich so gerade sitzen und stehen muss. Steige ich aus dem Auto, fühle ich mich wie eine Prinzessin. Wenn dann langsam die ganze Familie – einer nach dem anderen – alle im Kimono – aus dem Auto steigen, kommt erst mal meine Schwiegermutter und zupft bei allen die Bänder und Schleifen zurecht. Dabei ist meistens nicht mal jemand in der Nähe, der uns sehen könnte.

Das allerbeste am Kimono-Tragen ist aber das Gefühl, den Obi (den Gürtel) abzunehmen und dann langsam alle Bänder zu lösen. Ich liebe dieses erleichternde Gefühl. Danach schwebe ich etwa eine Stunde durch die Wohnung, kann wieder richtig essen und richtig atmen. Welch eine Erlösung. Das Gefühl ist unbeschreiblich.

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年賀状 – Nengajoo – Neujahrsgrüße lesen

Während ich noch „meine Freiheit“ genieße, sitzt mein Schwiegervater mit einem dicken Stapel Postkarten am Tisch und liest die Neujahrspost.

Er macht sich unterschiedliche Stapel. Es entsteht ein kleiner Stapel und als ich frage, ob das seine Lieblingskarten sind, winkt er ab und erklärt mir: „Das sind Karten von Leuten, denen ich noch keine Karte geschrieben habe. Muss ich noch nachholen.“

Er hat extra ein paar seiner gedruckten Karten auf Reserve. Die müssen nur noch adressiert und zum Postkasten gebracht werden.

Alles halb so schlimm. Neujahr geht ja schließlich bis zum 3. Januar.

Wenn du nicht weißt, was Nengajoo (sprich: Nen-ga-dscho) genau ist, dann kannst du HIER noch mal zu den Vorbereitungen für’s neue Jahr alles nachlesen.

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Meine liebste Neujahrstradition

Da bin ich sicherlich von meiner Familie und von meinem Mann Daisuke beeinflusst worden. Das Beste am japanischen Neujahr ist DAS ESSEN.

Ich liebe Mochi. Mochi wird immer als Reiskuchen bezeichnet. Ich finde den Begriff aber irreführend. Kuchen ist süß, Mochi schmeckt nach… NICHTS.

Oder nach Reis. Das Besondere ist die Konsistenz, die ich schwer beschreiben kann. Ich kenne kein deutsches Wort für „mochimochi“. Mochi hat eine gummiartige Konsistenz.

Wir essen Mochi zum Neujahr auf 3 Arten:

In der Neujahrssuppe – お雑煮– O-Zooni

O-Zoni | Neujahrssuppe in Deutschland | Nipponinsider

O-Zoni | Neujahrssuppe in Deutschland

Mochi in Soyasoße und dann mit Nori umwickelt – 磯辺焼き– Isobeyaki

Isobeyaki: Mochi und Nori | Nipponinsider

©2010 by Daisuke | Isobeyaki

Süße Azuki-Bohnensuppe mit Mochi – お汁粉– Oshiruko (Wikipedia-Foto)

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Weitere Neujahrstraditionen in Japan

福袋 Fukubukuro – Die Glückstaschen

Da ist noch so eine Tradition irgendwie an mir vorbei gegangen.

Passend zum neuen Jahr, wenn Kinder und Jugendliche die Taschen voller Geld haben, gibt es den „totalen Ausverkauf“ in den Geschäften und Kaufhäusern. Dann werden Artikel bis zu 90% reduziert verkauft. Aber nicht einfach so.

Verschiedene Teile werden in eine Papiertüte blickdicht verschlossen und man kauft, ohne zu wissen, was genau drin ist. Eines weiß man mit Sicherheit: Man spart!

Am Ende hat man Dinge, die man sich niemals selbst gekauft hätte, aber das Gefühl der Spannung ist unbezahlbar und macht den Reiz aus.

Verrückte Neujahrstradition aus Osaka

„Die Menschen in Osaka sind irgendwie anders.“ So oder so ähnlich wird es mir immer wieder erklärt. Wenn ich mir die Neujahrstradition aus Osaka im Fernsehen anschaue, dann will ich das auch gerne glauben.

Jedes Jahr springen die Menschen reihenweise von der Ebisubashi (Ebisu Brücke), im Zentrum Osakas, in den Dotonbori Kanal. Warum? Weil es Glück bringen soll!

Mein Schwiegervater, großer Baseball Fan, erklärte mir das alles mal:

Es ging dabei um das Baseball Team von Osaka, den Hanshin Tigers und dem Maskottchen von KFC, dem Colonel Sanders. Der Colonel soll das Baseball Team verflucht haben. Ja wirklich, kein Witz.

Übermütige Fans hatten das Maskottchen in den Kanal geworfen. Daraufhin spielten die Tigers 18 Jahre lang ohne nennenswerte Siege. Es sollte dem Team Glück bringen, in den Kanal zu springen, dort wo die Statue vom Colonel Sanders lag, um den Fluch zu brechen. Mittlerweile springen die Fans aber nicht mehr nur bei Meisterschaftsspielen von der Brücke, sondern eben auch zum Neujahr.

Auch so können Traditionen entstehen. Die japanische Kultur geht manchmal eigenartige Wege. Wahrscheinlich wurde es vielen Japanern mit immer den gleichen Traditionen auf Dauer einfach zu langweilig.

Kennst du noch andere japanische Traditionen zum Neujahr?

Ich wünsche dir ein frohes neues Jahr und den Hanshin Tigers eine erfolgreiche Saison (dann freut sich auch mein Schwiegervater).

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frohes neues Jahr | Nipponinsider

Der nächste Festtag ist am 7. Januar:
七草の節供 • Nanakusa no Sekku | Das 7-Kräuter-Fest


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7 Kommentare

  1. Vielen Dank für den schönen Einblick in die japanische Kultur. Manches mag für uns Europäer sehr skurril sein, und doch ist die Philosophie dahinter das spannendere. Denn alles hat eine Bedeutung, die bei uns nach und nach verloren geht.

    • Danke.
      Ja, da hast du recht. Das vieles zwar noch eine Bedeutung hat, wir aber gar nicht mehr wissen, welche – ob in Deutschland oder in Japan oder sonst auf der Welt.
      Das fremde Land schaue ich mir oft viel genauer an und will alles ganz genau erklärt haben. Und bei Japan ist es einfach nochmal ne Spur kurioser 😉 da besteht auf jeden Fall noch Erklärungsbedarf…

      Liebe Grüße,
      Daniela

  2. Liebe Daniela,

    es mögen vielleicht viele über das japanische Neujahr gebloggt haben, aber dein Post ist sicherlich eines der schönsten, weil persönlichsten 🙂

    LG
    Jenny

    • Liebe Jenny,

      das hast du wirklich schön gesagt. Freu mich riesig über deinen Kommentar.

      Ist ja der Wahnsinn, dass auch noch die alten Beiträge gelesen werden, wo Neujahr doch längst vorbei ist. Muss ich vielleicht doch nochmal gründlich Korrekturlesen 😉

      Ganz lieben Gruß
      Daniela

  3. Pingback: Silvester rund um die Welt – 6 Reiseblogger erzählen | Tiny Traveler

  4. Frohes neues Jahr 🙂

    leider fallen mir keine weiteren Traditionen ein, aber ich muss sagen was du hier berichtet hast ist wirklich sehr interessant.
    Fremde Kulturen sind da immer sehr spannend.

    Ich glaube ich würde das japanische Neujahr auch sehr feiern, würde auch gerne mal einen Kimono tragen und jemanden haben der drauf aufpasst das alles sitzt (kann man für einen Kimono zu groß sein? Also sieht es irgendwann lächerlich aus einen zu tragen? Kann mich persönlich schwer in einen vorstellen mit meiner Größe von 1,78)

    Warum kaufst du dir denn keine Weissagungen? Oder lässt man sich zu sehr davon beirren was da steht?

    • Liebe Mandy,
      auch dir ein frohes neues Jahr.

      Zu groß zu sein, gibt es nicht.
      Nur sollte der Kimono ausreichend lang sein. Das hat leider zur Folge, dass du schwer was von der Stange nehmen kannst.
      Ich glaube nicht an Vorhersagen und Horoskope. Aber ich glaube ganz fest an Zeichen. Das reicht mir.
      Ich habe bisher aber nie Weissagungen gekauft, weil es die an unserem Tempel nicht gibt.
      Dafür steckt meine Schwiegermutter uns jedes Jahr und sogar jeden Monate kleine Glücksbringer aus dem Tempel zu und sammelt die „Abgelaufenen“ dann immer ein. Jetzt, wo ich drüber nachdenke… Schon komisch.
      Liebe Grüße Daniela

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